Behandlung von Verbrennungen

Therapieempfehlungen
mit zell-stimulierenden Substanzen

von
Dr. med. Georgi Stankov, Copyright 1996, DIAS Institute, München

 Krankheitsbild

Verbrennungen des I bis III Grades gehen mit einer sofortigen Epithel-Schädigung einher. Diese Zellschädigung führt zu einer Ausschüttung von Mediatoren, die eine lokale Entzündung hervorrufen. Das umliegende Gewebe wird im weiteren Verlauf in Mitleidenschaft gezogen. Blasenbildung, Randentzündung und Schmerz werden auf die Wirkung der Mediatoren (Serotonin, SRA usw.) zurückgeführt. Diese Einschätzung stimmt inosofern nur bedingt, da alle Mediatoren im Sinne des bioenergetischen Prinzips zell-stimulierende Substanzen sind und somit einen Teil der natürlichen Abwehrmechanismen der Zellen darstellen (humorale Abwehr). Sie erhöhen die Permeabilität der Kapillaren, stimulieren die Chemotaxis der Leukozyten und die anderen Reparatur-Mechanismen der lokalen Immunabwehr. Nur reicht die Wirkung der Mediatoren im Falle einer Verbrennung im allgemeinen nicht aus, um die Zellschäden schnell und ohne bleibende Defekte zu beseitigen.

Neuerdings wurden weitere physiologischen Faktoren ausgemacht, die sogenannten heat shock proteins, die im Falle einer Verbrennung ebenfalls die eigene Abwehr der Zellen fördern. Eine Analyse der ca. 50 bis 100 bekannten heat shock Proteine anhand des Dipol-Modells (Stankov, DIAS Institut) zeigte, daß sie allesamt zell-depolarisierend auf die Zellen wirken und auf diese Weise den Stoffwechsel und die Reparatur-Mechanismen stimulieren. Es handelt sich in der Regel um Peptide oder kurze Proteine des CcNe-Typs (siehe Allgemeine Theorie der biologischen Regulation von G. Stankov), die die Permeabilität der Zellmembrane erhöhen und die elektrische Leitfähigkeit verbessern. Sie führen in der Regel zu einer Depolarisation der Zellen. Heat shock Proteine verbessern die Überlebenszeit der Zellen unter extremen Bedingungen wie Verbrennungen. In erweitertem Sinne verbessern sie die Abwehrmechanismen der Zellen und insbesondere der Immunzellen gegen virale und bakterielle Infektionen.

Ausgedehnte Verbrennungen führen zu einer Depression der Immun-Abwehr. Folgende Funktionen werden herabgesetzt: die Konzentration der Immunoglobuline, des Komplements, die Aufräumungseffizienz des RES-Systems, die Phagozytose, die zell-vermittelte Immunität (T-Tell-Aktivität), NK-cell-Aktivität, T-cell helper-Aktivität usw. Das Ausmaß der Beeinträchtigung der zellulären und humoralen Immunität korreliert mit dem Ausmaß und der Schwere der Verbrennung.

Therapie

Nystatin und Amphotericin B sind zur Zeit die potentesten zell-stimulierenden Medikamente. Sie fördern das Zellwachstum und führen bei lokalen Zellschädigungen rasch zur Heilung. Insbesondere stimulieren sie das Immunsystem. Wir haben mehrere Patienten mit lokalen Verbrennungen des Grades II bis III mit Nystatin und Amphotericin B sehr erfolgreich behandelt. Große Erfahrung wurde mit gewöhnlichem Sonnenbrand gesammelt. Die Anwendung erfolgt topisch.

Dosierung: Je nach Grad und Größe der Verbrennung können folgende Dosierungen angewandt werden:

             200.000 I.E. Nystatin /g Salbengrundlage oder

            300.000 I.E. Nystatin /g Salbengrundlage

(100.000 I.E. entsprechen 20 mg Nystatin)

            40 mg Amphotericin B /g Salbengrundlage oder

            60 mg Amphotericin B /g Salbengrundlage

Als Salbengrundlage empfehlen wir Linola, Emulsion (in der späteren Phase kann auch Fettcreme verwendet werden). Im Prinzip kann jede Salbengrundlage benutzt werden, mit der die behandelnde Person gute Erfahrungen bei Verbrennungen gemacht hat. Die topische Anwendung von Nystatin oder Amphotericin B kann auch im Rahmen eines Verbands erfolgen. Es ist durchaus möglich, Nystatin und Amphotericin B als Pulver unmittelbar an der Verbrennungsstelle zu verwenden.

Die topische Gabe muß sofort erfolgen und in den ersten Stunden und Tagen mehrmals täglich wiederholt werden. Die Dauer der Therapie richtet sich nach Schwere und Umfang der Verbrennung.

Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die sofortige und reichliche Anwendung von Nystatin die Entstehung von Blasen und Randentzündung weitgehend verhindert. Die in Mitleidenschaft gezogenen Hautareale behalten ihre Beschaffenheit (Feinstruktur und Turgor), auch wenn eine hitzebedingte Verfärbung des Epithels eintritt. In der Regel wird die verbrannte Haut nach wenigen Tagen durch neue schnelle Epithelisierung von unten (Stimulation des Zellwachstums durch Nystatin oder Amphotericin B) ohne Cicatrix-Bildung ersetzt. Bemerkenswerterweise werden die Schmerzen durch die Gabe von Nystatin oder Amphotericin B sofort gelindert, bei kleinen Verbrennungen sogar weitgehend unterdrückt, ohne daß die beiden Medikamente eine analgetische Wirkung per se besitzen. Wir führen diese sekundäre analgetische Wirkung auf eine Senkung der Mediatoren-Ausschüttung. Da die geschädigten Zellen durch die Medikamente ausreichend stimuliert werden, brauchen sie nicht Zellmediatoren in größeren Mengen zu produzieren. Diese Substanzen sind bekanntlich potente lokale Schmerzvermittler. Die Sofortwirkung von Nystatin und Amphotericin B ist sehr überzeugend bei großflächigen Sonnenbränden. Hier kommt es nach wiederholter und reichlicher Applikation von Nystatin-Emulsion sofort zur Rückbildung der Schmerzen und der Hitzeempfindung. In der Regel ist eine erneute Exposition an der Sonne bereits am nächsten Tag möglich. Die Haut pellt sich nicht oder nur geringfügig und ohne Wundbildung.

Wir haben zur Zeit keine Erfahrung mit der oralen Gabe von Nystatin und Amphotericin B bei ausgedehnten Verbrennungen. Dennoch gehen wir davon aus, daß sie einen ausgeprägten Heileffekt besitzen. Sie führen nachweislich zu einer allgemeinen Immunstimulation und verbessern somit die Reparaturmechanismen. Aus klinischen Studien an Intensivpatienten mit schwersten Traumata, wissen wir, daß Amphotericin B (3 g täglich) zu einer Senkung der Mortalität führt (SDD-Studie, DIAS Institut). Patienten mit schwersten Verbrennungen sind durchaus mit Trauma-Patienten zu vergleichen, insofern als die beiden Gruppen mit einer herabgesetzte Immunabwehr kämpfen müssen und an Sepsis oder sekundären Infektionen sterben.

Hier bedarf es jedoch an große kontrollierte Studien, um die Wirkung einer kombinierten oralen und topischen Therapie mit Nystatin zu prüfen. Einige vorläufige Ergebnisse sind vielversprechend. In einer Studie konnte gezeigt werden, daß die topische und orale Gabe von Nystatin nicht nur die Inzidenz der Pilzinfektionen signifikant senkt (von 27% auf 17%), sondern auch die Häufigkeit der bakteriellen Infektionen (von 21% auf 10%) und der Sepsis (von 12% auf Null !). Diese Ergebnisse wurden an einem großen Kollektiv von 1513 Patienten erhoben (Desai MH et al. Candida Infections with and without Nystatin prophylaxis, Arch Surg 127: 1992, 159-169). Da die Autoren über den eigentlich Wirkungsmechanismus von Nystatin nicht Bescheid wußten, konnten sie auch keine plausible Erklärung für ihre Ergebnisse vorlegen.

Wegen der stark herabgesetzten Immunabwehr während einer ausgedehnten Verbrennung, empfehlen wir die orale Gabe von hoch- dosiertem Nystatin (2 bis 4 g pro Tag in den ersten 2 Wochen). Wir empfehlen hier die chronische Gabe von 4 bis 8 Kapseln Nystatin á 250 mg (1.250.000 I.E. pro Kapsel) täglich. Gelatinkapseln mit dieser Dosierung können bei den meisten Apotheken bestellt werden. Zusätzlich empfehlen wir die parenterale Gabe von Nystatin als Schleimhaut haftende Salbe (100.000 I.E./g Nystatin, Polyacrylsäure 28,9 g (CarbacholR 934 und dickflüssiges Paraffin ad 100 g).

Comments are closed.